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Brief des Präsidenten Václav Klaus

(Artikel aus dem Archiv, Gültigkeit abgelaufen 07.09.2013.)

Appell des Präsidenten der Tschechischen Republik an die Parteivorsitzenden der tschechischen Regierungskoalition bezüglich des Gesetzes über die Kirchenrestitution

Inoffizielle Übersetzung

 

29. 8. 2012                                                                            In Prag am 29. August 2012

Sehr geehrter Herr Premierminister,

            ich wende mich an Sie als an den Vorsitzenden einer der Parteien der Regierungskoalition in der Sache des Gesetzentwurfes über die Kirchenrestitution, mit dem sich am 4. September – nachdem er vom Senat abgelehnt wurde – wiederholt das Abgeordnetenhaus beschäftigen wird. Der Vorschlag wurde zum Gegenstand nicht nur einer scharfen Auseinandersetzung zwischen der Regierungskoalition und ihrer parlamentarischen Opposition auf der politischen Szene, sondern auch einer genauso scharfen Diskussion und Unstimmigkeit in den Medien und in unserer Öffentlichkeit. Das alles wird noch durch politische Unruhe vor kommenden Wahlen in die Regionen und in den Senat verstärkt.

Wiederholt erheben sich Stimmen, die behaupten, dass falls das Gesetz in seiner heutigen Gestalt verabschiedet wird, wird es zu einem Durchbruch der Zeitgrenze vom 25. Februar 1948. Dieses Datum setzte in unserem Land dem ganzen Prozess der Mäßigung des durch das kommunistische Regime verursachten Eigentumsunrechtes Grenzen, von denen bestimmte Regeln abgeleitet wurden. Würde es zu so einem Durchbruch der Zeitgrenze kommen, würde das Gesetz über die Kirchenrestitution die Problematik der Beziehungsschlichtung zwischen dem Staat und den Kirchen weitgehend überschreiten und würde zu einem Präzedenzfall mit schwer vorsehbaren Konsequenzen für die Eigentumsansprüche der Dritten gegenüber unserem Staat sowohl aus unserem Land als auch aus dem Ausland. Die Frage der Unbezweifelbarkeit der Eigentumsverhältnisse in der Form, in der sie bei uns nach dem zweiten Weltkrieg geregelt wurden, habe ich als Premierminister und auch als Präsident der Republik immer für grundlegend für die internationale Stellung und innere Stabilität unseres Landes gehalten. In den bilateralen Beziehungen mit unseren Nachbarn und auch in schwerwiegenden internationalen Fragen der Gegenwart (z. B. der Lissabon-Vertrag) habe ich eine besondere und erstrangige Aufmerksamkeit der Sicherstellung und Verankerung dieser Priorität gewidmet.

Die Sorgen einer Reihe von Bürgern und Rechtsexperten vor einem möglichen Durchbruch der Restitutionsgrenze vom 25. Februar 1948 durch das Kirchenrestitutionsgesetz beunruhigen mich sehr. Ich nehme an, geehrter Herr Regierungsvorsitzende, dass die Regierungskoalition, auf derer Grundrissen zusammengesetzte Regierung das Gesetz vorbereitet hat und es im Parlament durchsetzt, ist sich dieser Sache gut bewusst.

Ich wende mich an Sie daher mit dem Ersuchen um Ihre persönliche Garantie dessen, dass die Verabschiedung des Gesetzes in keinem Fall zu einem gefährlichen Präzendens des Durchbruches der Restitutionsgrenze wird. Ihre Versicherung betrachte ich für mich im Fall einer eventuellen Unterzeichnung des erwähnten Gesetzes als grundlegend.

Mit freundlichem Gruß

Václav Klaus

 

 

Anm.: Den Brief in gleicher Fassung haben Petr Nečas, Karel Schwarzenberg und Karolína Peake erhalten.