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„Entschuldigung, aber das ist Blödsinn“

 

Rozhovor redaktora Wolfganga Junga s ministrem Schwarzenbergem v Prager Zeitung z 18.10.2007 (v němčině)

* Herr Außenminister, Kritiker sagen, dass Tschechien mit einer US-Radaranlage automatisch an jedem Krieg beteiligt wäre, den die USA führen.

Schwarzenberg: Nein. Ein solches Radar steht zum Beispiel in England oder Dänemark. Das bedeutet nicht automatisch, dass diese Länder in jeden Krieg verwickelt sind. Entschuldigung, aber das ist Blödsinn.

* Stimmt die Information, dass andere Länder Agenten in Westböhmen einsetzen, um das in der Brdy-Region geplante Radar zu verhindern?

Schwarzenberg: Das ist bedauerlicherweise Fakt. Selbstverständlich haben verschiedene Nachrichtendienste hier ihre Leute, wozu hat man Agenten? Bemerkenswerterweise sind sie in letzter Zeit oft in recht entlegenen Dörfern der Brdy-Berge anzutreffen. Es wäre ja auch eine Illusion anzunehmen, dass ein solches Netz nicht eingesetzt wird.

* Tschechiens Botschafter in Washington, Petr Kolář, hat vor kurzem gesagt, er vermisse von den USA eine Garantie, dass sie das System wirklich bauen wollen. Damit Tschechien nicht am Ende dumm dasteht.

Schwarzenberg: Ich teile seine Befürchtungen nicht. Beide große Parteien des US-Parlaments sind an dem Projekt interessiert. Und sowohl unter demokratischen als auch unter republikanischen Präsidenten wurde an seiner Umsetzung gearbeitet. Ich bin überzeugt, dass auch die nächste Repräsentation in Washington daran arbeitet.

* Was macht Sie sicher?

Schwarzenberg: Weil das System leider notwendig ist. Man darf nicht vergessen, dass der technische Fortschritt sich stets beschleunigt und heute viele Länder in der Lage sind, Massenvernichtungswaffen und Interkontinentalraketen zu entwickeln. Dieser Kreis wird sich eher vergrößern. Es ist nicht mehr wie vor 50 Jahren, als die hoch entwickelte Technik den USA, Europa und der UdSSR vorbehalten war.

* Welche These gegen das System wären Sie bereit anzuerkennen?

Schwarzenberg: Theoretisch wäre das Argument interessant, dass das geplante Raketenabwehrsystem den Rüstungswettlauf beschleunigt. Wenn man sich allerdings näher mit der Sache beschäftigt, sieht man, dass der Iran seit vielen Jahren konsequent an seinem Programm arbeitet und in Russland die Aufrüstung vorangetrieben wird. Auch die chinesische Volksarmee besitzt ein viel höheres Budget als früher. Tut mir Leid, aber die Welt ist eben, wie sie ist.

* In der Diskussion über das geplante Raketenabwehrsystem schreiben viele dem anstehenden Besuch von US-Verteidigungsminister Robert Gates in Prag eine Schlüsselrolle zu. Sie auch?

Schwarzenberg: Nein. Der Besuch unterstreicht eher die Bedeutung dieses gemeinsamen Projekts auch gegenüber seinen derzeitigen Gegnern. Die Verhandlungen zwischen Prag und Washington laufen gut. Ich nehme an, dass die Verträge Ende des Jahres fertig sein werden.

* Kritiker sagen angesichts der hohen Zahl der Gegner des Systems in Tschechien, dass die USA viel zu spät persönliche Präsenz zeigen.

Schwarzenberg: Das glaube ich nicht. Man sollte die Wirkung solcher Besuche nicht überschätzen. Die Menschen werden zwar sehen, dass es den Amerikanern ernst ist mit dem Projekt. Aber eine wesentliche Änderung der öffentlichen Meinung erwarte ich ehrlich gesagt nicht.

* Sehen Sie in Tschechien überhaupt eine Veränderung der öffentlichen Meinung seit dem offiziellen Antrag der USA an Prag Mitte Januar?

Schwarzenberg: Ja. Sehr langsam beginnt in politischen Zirkeln eine seriöse Debatte. Wir werden sehen, ob unsere Aufklärungskampagne noch eine gewisse Verbesserung des Images mit sich bringen wird. Wesentlich ist, dass wir das Projekt im Parlament durchbringen.

* Wagen Sie eine Prognose?

Schwarzenberg: Wir werden mit angelegten Ohren durchkommen.

* Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus meint, dass eine möglicherweise zu erwartende Mehrheit von 102 zu 98 Stimmen im Parlament für ein solches Projekt zu knapp wäre. Hat er Recht?

Schwarzenberg: Tja, es wäre ja schön, wenn wir eine deutlichere Mehrheit hätten. Ich hoffe ebenfalls, dass es auch in der Opposition Abgeordnete gibt, die sich der Bedeutung des Projekts bewusst sind und eine Entscheidung für die Sicherheit Europas fällen. Insofern sehe ich die Möglichkeit schon gegeben. Und wenn nicht: Mehrheit ist Mehrheit, das ist das Wesentliche eines parlamentarischen Systems. Und manchmal muss man eben mit knappen Mehrheiten auskommen. Punkt.

* Einer der schärfsten Gegner des Abwehrsystems ist Russland. Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung dort ein?

Schwarzenberg: Über die angebliche Vakuumbombe weiß ich noch zu wenig. Aber sie ist leider ein Beweis für das Rüsten. Eine solche Bombe benötigt einen erheblichen wissenschaftlichen und technischen Aufwand. Ganz sicher hat Russland sie nicht erst entwickelt, als es gehört hat, dass Tschechien über ein Radar in der Nähe von Rokycany nachdenkt. Natürlich rüstet auch Russland auf, und das unabhängig davon, ob in Westböhmen ein Radar und in Polen ein US-Raketensilo stehen wird. Da brauchen wir uns keine Illusionen zu machen.

* Und die politische Entwicklung in Moskau?

Schwarzenberg: Es ist bedauerlich, dass die beträchtlichen Mittel, die Russland durch die Preise bei Öl und Gas zur Verfügung stehen, nicht in die Infrastruktur eingebracht werden. Moskau ist heute eine veränderte Stadt, aber wenn Sie ins Land fahren, sieht die Sache anders aus. Dort wäre viel zu investieren, damit die breite Masse an den Änderungen teilnimmt. Aber je enger der Kreis der Entscheider, desto enger das Denken. Wenn man sich zum Beispiel den Kreis anschaut, aus dem die heutigen Machtträger requiriert werden, ist da oft eine Verbindung nach Sankt Petersburg oder zum Geheimdienst. Da haben ja früher die Zaren aus einem breiteren Repertoire geschöpft.

* In den vergangenen Monaten war Ihr Land einer der schärfsten Kritiker des mittlerweile geänderten EU-Verfassungsvertrags. Ist Tschechien jetzt mit den so genannten "neuen Grundlagen" zufrieden?

Schwarzenberg: Mir ging es bei dem Dokument um eine Klarstellung. Man strebt darin an, dass es bis Ende 2008 ratifiziert wird. Nun gut, das kann man sich wünschen. Aber man kann nicht automatisch davon ausgehen, dass das klappt. Und da habe ich um Klärung gebeten, was passiert, falls es nicht klappt. Das berührt nämlich wesentlich die tschechische EU-Ratspräsidentschaft Anfang 2009. Man kann nicht mit Wunschvorstellung antreten und dann nicht wissen, wie es weitergeht. Dass wir uns darüber hinaus eine größere Liberalisierung und eine Stärkung der nationalen Parlamente wünschen würden, ist klar. Aber das geht über unser Mandat hinaus.

* Prag will das Paket demnach nicht aufschnüren?

Schwarzenberg: Ich glaube, das will keiner. Auch Polen nicht, habe ich den Eindruck. Nichtsdestotrotz wird es wohl auch beim nächsten EU-Gipfel ein Hin und Her geben, nach dem man erst um drei Uhr früh erschöpft verkündet, dass man einen Kompromiss gefunden hat. Das gehört gewissermaßen zum Protokoll - jeder muss schließlich für das heimische Publikum beweisen, dass er bis zum letzten Moment gekämpft hat. Für die nationalen Interessen oder was auch immer.

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