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Politisches System

GESCHICHTE
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das politische System in der Tschechoslowakei stark durch ein kommunistisches Regime sowjetischer Machart geprägt, ebenso wie in anderen Staaten Mittel - und Osteuropas. Das System der Gewaltenteilung war aus dem Gleichgewicht geraten. Die drei für eine funktionierende Demokratie notwendigen Gewalten (Exekutive, Legislative, Judikative) waren durch eine einzige ersetzt worden. Diese Macht war in der Verfassung verankert und so beherrschte die Kommuniste Partei unter Einsatz repressiver Maßnahmen und Aufsicht der UdSSR über 40 Jahre lang fast sämtliche Ebenen des sozialen und politischen Lebens im Land. Nach der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948 wurde die kommunistische Partei zum einzigen politischen Faktor. Sie ließ zwar einige wenige, in einer sogenannten Nationalen Front zusammengefasste Parteien zu, doch besaßen diese keine reale Macht. Sie wurden geschaffen bzw. geduldet, um nach außen das Bild der Tschechoslowakei als demokratischer Staat zu erzeugen.
Einen Lichtblick boten die 1960er Jahre, als die Tschechoslowakische Kommunistische Partei unter Alexander Dubček im Frühjahr 1968, ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen versuchte. Im Zuge dieses „Prager Frühlings“ entstand der Versuch, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ (tschechisch: socialismus s lidskou tváří) zu schaffen. Die Reformbemühungen wurden jäh mit der gewaltsamen Niederschlagung durch am 21. August 1968 einmarschierende Truppen des Warschauer Paktes beendet. In der Folge wurde die ČSSR mit Beginn der "Normalisierung" zu einem der konservativsten Mitgliedsstaaten des sogenannten Ostblocks.
Nach den revolutionären Ereignissen vom November 1989, die den Fall des kommunistischen Regimes bedeuteten, stand das gesamte Land vor der nicht einfachen Aufgabe, an seine Traditionen der vorkommunistischen Ära anzuknüpfen und ein demokratisches Regierungssystem aufzubauen. Bereits vor der Teilung der Tschechoslowakei am 31. Dezember 1992 in zwei souveräne Staaten gab es ein etabliertes und breites Spektrum politischer Parteien. Die Verfassung der Tschechischen Republik, die am Tag der Geburt des neuen Staates in Kraft trat, schreibt die Rechte der Bürger fest, regelt das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative und die Unabhängigkeit der Gerichte.


STAATSTRAGENDE ORGANE
Regierung
Die Regierungist das oberste Organ der Exekutive. Sie setzt sich aus dem Ministerpräsidenten, seinen Stellvertreter und den Ministern zusammen. Sie koordiniert die Tätigkeit der Ministerien und der zentralen Organe der Staatsverwaltung und leitet diese. Die Regierung legt den Entwurf des Gesetzes über den Staatshaushalt und den Entwurf des staatlichen Haushaltsabschlusses vor.

Staatspräsident
Der Staatspräsident wurde traditionell vom Parlament bei einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Die Präsidentschaftswahl 2013 war die erste Direktwahl eines Präsidenten in der Tschechischen Republik und das Resultat einer Verfassungsänderung, die im Februar 2012 durch Senatsmehrheit sowie Dezember 2011 durch eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus beschlossen worden war. Er darf höchstens zwei Wahlperioden lang im Amt sein. Er ist der Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Die Macht des Präsidenten ist eingeschränkt, sein wichtigstes Instrument ist das Vetorecht bei bereits vom Parlament verabschiedeten Gesetzen, ausgenommen bei Verfassungsgesetzen. Diese Macht ist in Zeiten von Verfassungs- oder politischen Krisen aufgehoben.

Parlament
Das Parlament setzt sich aus zwei Kammern zusammen - dem Abgeordnetenhaus und dem Senat. Das Parlament verabschiedet für die Tschechische Republik geltende Gesetze und billigt wichtige internationale Abkommen, d.h. insbesondere solche, die Menschenrechte sowie Grundfreiheiten betreffen, politische Verträge und Wirtschaftsverträge allgemeiner Natur. Es entscheidet über die wichtigsten Handlungen des Staates wie z.B. eine Erklärung des Kriegszustandes oder die Stationierung fremder Streitkräfte auf dem Territorium der Tschechischen Republik.
     Abgeordnetenhaus
Das Abgeordnetenhaus besteht aus 200 Abgeordneten, die für die Dauer von vier Jahren gewählt werden (die letzten Wahlen fanden am 20. und 21. Oktober 2017 statt. Der Präsident kann bei in der Verfassung verankerten Fällen das Abgeordnetenhaus auflösen. Politische Fraktionen und Gruppierungen, ständige Parlamentsausschüsse und Arbeitsgruppen arbeiten im historischen Gebäude, das das Abgeordnetenhaus beherbergt.
     Senat
Der Senat besteht aus 81 Senatoren, die für die Dauer von sechs Jahren gewählt werden. Alle zwei Jahre wird ein Drittel der Senatoren gewählt. Der Senat kann nicht aufgelöst werden.
     Beschlußfassungen des Parlaments
Zur Beschlussfassung einer Kammer ist die einfache Mehrheit der anwesenden Abgeordneten oder Senatoren erforderlich. Zur Beschlußfassung über ein Verfassungsgesetz oder zur Billigung eines internationalen Abkommens ist eine Mehrheit von 60 % aller Abgeordneten bzw. Senatoren notwendig.
Gesetzentwürfe werden in der Abgeordnetenkammer eingebracht. Sie können von einzelnen Abgeordneten, einer Abgeordnetengruppe, dem Senat, der Regierung oder der Vertretungskörperschaft einer höheren territorialen Selbstverwaltungseinheit eingebracht werden. Ein von der Abgeordnetenkammer verabschiedeter Gesetzentwurf wird dem Senat zugeleitet. Dieser kann ein Veto einlegen, den Entwurf mit Änderungsvorschlägen zurückleiten oder billigen.
      Wahlen
des Abgeordnetenhauses und des Senates erfolgen durch geheime Stimmabgabe auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts statt. Das Abgeordnetenhaus wird nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Politische Parteien müssen fünf Prozent der gültigen Stimmen erlangen, um einen Sitz in dieser Kammer zu erhalten. Der Senat wird nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt. Das Wahlrecht für beide Kammern besitzt jeder Bürger der Tschechischen Republik, der das 18. Lebensjahr vollendet hat. In das Abgeordnetenhaus kann jeder Bürger der Tschechischen Republik gewählt werden, der das 21. Lebensjahr vollendet hat, in den Senat jeder Bürger der Tschechischen Republik, der das 40. Lebensjahr vollendet hat.
      Parteifraktionen im Abgeordnetenhaus

Die Sitzverteilung der Parteien anhand der Ergebnisse der Wahlen in die Abgeordnetenkammer des Parlaments der Tschechischen Republik am 20./ 21. Oktober 2017 (Gesamtzahl der Sitze 200):

ANO - Aktion unzufriedener Bürger ANO 2011 / Sitze: 78/ Vorsitzender: Jaroslav Faltýnek (Parteivorsitzender: Andrej Babiš)
ODS - Demokratische Bürgerpartei / Sitze: 23/ Vorsitzender: Zbyněk Stanjura (Parteivorsitzender: Petr Fiala)
Piráti - Tschechische Piratenpartei/ Sitze: 22/ Vorsitzender: Jakub Michálek (Parteivorsitzender: Ivan Bartoš)
SPD - Freiheit und direkte Demokratie / Sitze: 19/ Vorsitzender: Radim Fiala (Parteivorsitzender: Tomio Okamura)
KSČM - Kommunistische Partei Böhmen und Mähren / Sitze: 15 / Vorsitzender: Pavel Kováčik (Parteivorsitzender: Vojtěch Filip)
ČSSD - Tschechische Sozialdemokratische Partei / Sitze: 14/ Vorsitzender: Jan Chvojka (Parteivorsitzender: Jan Hamáček)
KDU-ČSL - Christliche und Demokratische Union/ Sitze: 10/ Vorsitzender: Jan Bartošek (Parteivorsitzender: Marian Jurečka)
TOP 09 - Tradition, Verantwortung, Properität 09 / Sitze: 7/ Vorsitzender: Miroslav Kalousek (Parteivorsitzende: Markéta Pekarová Adamová)
STAN - Bürgermeister und Unabhängige / Sitze: 6/ Vorsitzender: Jan Farský (Parteivorsitzender: Vít Rakušan)


WEITERE ORGANE
Oberste Kontrollbehörde

ist ein unabhängiges Kontrollorgan. Ihr obliegt die Kontrolle des Wirtschaftsgeschehens im staatlichen Eigentum und der Erfüllung des staatlichen Haushaltsplanes. Sie kontrolliert, wie die Mittel im Staatshaushalt der Tschechischen Republik eingebracht und verwendet werden.

Tschechische Nationalbank (ČNB)
ist die zentrale Bank des Staates. Ihr Hauptziel ist es, Stabilität und Kaufkraft der Währung zu erhalten. Bei der Verfolgung dieses Zieles ist sie unabhängig von der Regierung. Die Mitglieder des Bankrats werden vom Staatspräsidenten ernannt.

Verfassungsgericht
ist Organ der Rechtsprechung zum Schutz der Verfassungsordnung. Es setzt sich aus 15 für zehn Jahre ernannten Richtern zusammen. Die Richter werden vom Staatspräsidenten mit Zustimmung des Senats ernannt. Die Richter sind in ihren Entscheidungen nur durch Verfassungsgesetze, internationale Abkommen und durch die Regeln für Verfahren vor dem Verfassungsgericht gebunden.

Oberstes Gericht
ist das höchste Organ der Gerichtsbarkeit in allen Befugnissen, die in die Zuständigkeit der Gerichte fallen, mit Ausnahme von Angelegenheiten, die dem Verfassungsgericht oder dem Obersten Verwaltungsgericht obliegen. Bei seinen Entscheidungsfindungen ist jeder Richter nur durch das Gesetz gebunden, er ist berechtigt, die Übereinstimmung einer anderen Rechtsvorschrift mit dem Gesetz zu beurteilen.