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"Wir müssen zum Kern Europas gehören"

 

Rozhovor redaktora Josefa Kirchengasta s ministrem Karlem Schwarzenbergem v deníku Der Standard z 9.3.2012.

Außenminister Karl Schwarzenberg kann sich vorstellen, dass Tschechien dem EU-Fiskalpakt nachträglich beitritt

Dass Tschechien dem EU-Fiskalpakt nicht beigetreten ist, bedeutet für Außenminister Karl Schwarzenberg nicht das letzte Wort. Im Gespräch mit Josef Kirchengast fordert der Präsidentschaftskandidat zugleich energische Reformen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken.

STANDARD: Die Tschechische Republik ist als einziges EU-Land außer dem notorischen Außenseiter Großbritannien nicht dem Fiskalpakt zur Defizitbegrenzung beigetreten. Sie haben für diesen Fall mit dem Austritt Ihrer Partei aus der Regierung gedroht, weil Tschechien damit an den Rand der EU rücken würde. Warum sind Sie noch immer drinnen?

Schwarzenberg: Das ist etwas übertrieben formuliert. Ich habe gesagt, es steht für mich nicht dafür, in der Regierung zu bleiben, so wir auf Dauer einen europawidrigen Kurs einhalten. Ein einzelner Schritt ist nicht entscheidend, und wir können dem Fiskalpakt ja auch noch später beitreten.

STANDARD: Regierungschef Petr Necas bezeichnete Ihre Kritik als Beginn Ihres Wahlkampfes für das Präsidentenamt. Trifft nicht eher das Gegenteil zu: Schaden Sie sich damit nicht selbst, angesichts der verbreiteten EU-Skepsis in Tschechien?

Schwarzenberg: Ob ich bei der Präsidentschaftskampagne mehr oder weniger erfolgreich bin, ist für mich relativ uninteressant. Entscheidend ist, dass wir künftig zum Kern Europas gehören.

STANDARD: Wird es eine Volksabstimmung zum Fiskalpakt geben?

Schwarzenberg: Über den Fiskalpakt offensichtlich nicht. Was der Ministerpräsident und seine Partei anstreben, wäre eine Volksabstimmung zur Übernahme des Euro. Die haben wir aber bereits beim EU-Beitritt versprochen. Meiner Ansicht nach kann ich nicht etwas, das ich bei Vertragsabschluss zugesagt habe, später noch einem Referendum unterziehen. Da gibt es eine differente Sicht zwischen dem Ministerpräsidenten und mir.

STANDARD: Der amtierende tschechische Präsident Václav Klaus vergleicht in seinem neuen Buch die Lage der EU mit jener des Römischen Reiches vor dessen Untergang und zitiert dazu den Satz: "Die Römer waren verblendet durch das Gefühl ihrer Superiorität." Teilen Sie diese Meinung?

Schwarzenberg: Gemeinhin habe ich andere Ansichten als mein Präsident.

STANDARD: Sie sehen die EU also nicht am Rande des Abgrunds?

Schwarzenberg: Wir sind in einer schwierigen Situation, kein Zweifel. Wir haben uns eine gewisse Verantwortungslosigkeit zugelegt und regelmäßig mehr ausgegeben, als wir eingenommen haben. Jeder Private geht damit pleite. Wir brauchen dringend Reformen, vor allem die, die ich schon seit Jahren einmahne: Wir müssen die EU-Ausgaben viel mehr auf Wissenschaft und Forschung konzentrieren, denn wir fallen zurück gegenüber anderen Regionen der Erde. Und wir müssen erkennen, dass die goldenen Jahre vorbei sind. Es gibt keinen moralischen Anspruch auf einen Badeurlaub an der Adria oder in der Karibik. Viele Tschechen fahren über Ungarn nach Griechenland in den Urlaub. Ich möchte nicht, dass auch mein Land diesen Weg zurücklegt.

STANDARD: Eines Ihrer Hauptanliegen ist die Korruptionsbekämpfung. Da gab es schon einige Konflikte mit Ihren Koalitionspartnern, vor allem mit den populistisch angehauchten "Öffentlichen Angelegenheiten", die ja ebenfalls mit dem Anti-Korruptions-Schlachtruf angetreten waren. Ist das Problem noch größer, als Sie dachten?

Schwarzenberg: Es ist ungefähr so groß, wie ich's mir gedacht habe. Das reicht für meinen Bedarf.

STANDARD: Die Volkswahl des tschechischen Staatsoberhauptes wurde unter anderem auf Ihre Initiative hin beschlossen. Was ist der Vorteil gegenüber der bisherigen Wahl durch die beiden Häuser des Parlaments?

Schwarzenberg: Das Staatsoberhaupt hat damit eine stärkere Legitimierung und größeres Gewicht in der Politik. Zum Zweiten vermeidet man dabei grausliche politische Geschäfte, wie sie bei der Wahl durch das Parlament nun einmal möglich sind. Wie wir auch in Deutschland gesehen haben, führt dieses System nicht unbedingt zu idealen Ergebnissen.

STANDARD: Sie waren Wegbegleiter, Freund und enger Mitarbeiter Václav Havels. Deckt sich sein Verständnis des Präsidentenamtes als vor allem moralische Instanz mit Ihrem? Oder sollte man es mit der Moral im öffentlichen Leben, wie es in Musils "Mann ohne Eigenschaften" heißt, einfach so halten wie bei der Normierung von Bleistiften und nur in Ausnahmefällen darauf zurückgreifen?

Schwarzenberg: Mir gebührt nicht die moralische Autorität und infolgedessen auch nicht die Möglichkeit, so aufzutreten, wie es Václav Havel getan hat. Und ich bin auch überzeugt, dass die Autorität eines Präsidenten sehr vorsichtig eingesetzt werden muss - nur wenn es wirklich entscheidend ist.

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