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Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds bewilligt Förderung für weitere 102 Projektinitiativen

Pressemitteilung, 14. September 2016 
(Prag) Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds (DTZF) hat am Mittwoch in Berlin Fördermittel in Höhe von über 371.000 Euro für 102 weitere deutsch-tschechische Projekte bewilligt. Die Initiativen kommen aus den Bereichen Schüler- und Jugendaustausch, Kultur, Dialog, Städtepartnerschaften oder Publikationen und werden jeweils von einem tschechischen und einem deutschen Partner gemeinsam umgesetzt. 

Auch in diesem Quartal griffen viele Projekte das „Thema des Jahres“ auf, das der Zukunftsfonds für 2016 ausgerufen hat und beschäftigen sich vor dem Hintergrund von wachsendem Fremdenhass und religiöser Intoleranz mit Fragen wie Zivilcourage und multireligiösem Zusammenleben. 
„Dass insbesondere Initiativen aus dem Schul- und Jugendbereich sich der durchaus schwierigen Auseinandersetzung mit diesen Themen stellen und keine einfachen Wege und Lösungen wählen, verdient Respekt“, betont Petra Ernstberger, die Verwaltungsratsvorsitzende des Zukunftsfonds. 
Unter den bewilligten Projekten waren in diesem Quartal auch besonders viele Publikationsvorhaben. Ein großer Teil von ihnen befasst sich mit der gemeinsamen Geschichte; mehrere Buchprojekte sind dem Schicksal der jüdischen Bevölkerung im Protektorat Böhmen und Mähren während des Holocausts gewidmet.    
„Da es immer weniger Zeitzeugen gibt, die Zeugnis über diese Epoche ablegen können, gewinnen authentische literarische Zeugnisse, gerade im Schulunterricht, besonders an Bedeutung“, unterstreicht Kristina Larischová, die stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates.  
 
Auswahl aktuell bewilligter Projekte:
 
Mittendrin und trotzdem fremd? - Perspektiven des Andersseins und Ankommens 
 
Das Projekt des Vereins „Antikomplex“ und seines deutschen Partners RomaTrial e.V. befasst sich mit dem zeitlosen Thema "Anderssein", indem es Geschichten und Schicksale aus der Vergangenheit mit der aktuellen Flüchtlingsdiskussion in Europa verbindet. 
Gymnasiasten aus dem nordböhmischen Děčín und dem sächsischen Zethau setzen sich in zwei mehrtägigen Workshops mit den Hintergründen von (Zwangs-)Emigration und deren Folgen, wie etwa Diskriminierung in der neuen Gesellschaft, auseinander – durch den Besuch von Einrichtungen aus dem Bereich Migration sowie durch Gespräche mit Zeitzeugen unterschiedlicher Generationen und verschiedener Identitäten. Über die Methode des sog. Forumtheaters, das sich mit künstlerischen Mitteln zu gesellschaftlich und politisch brisanten Problemen äußert, stellen die Schüler die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung in Schultheateraufführungen dar. 
Die Unterstützung des Zukunftsfonds für dieses Projekt beträgt 3.900 Euro. 
 
 
Antiromaismus: Antisemitismus: Antimuslimismus – Reiseworkshop im deutsch-tschechischen Grenzraum 
 
Vor dem Hintergrund von antimuslimischen Stimmungen in Teilen der deutschen und tschechischen Bevölkerung organisiert die Brücke/Most Stiftung einen 5-tägigen Reiseworkshop zur Stärkung derjenigen, die in Deutschland und Tschechien aktiv gegen Rassismus eintreten. Multiplikatoren der politischen und historischen Bildung sowie politisch Aktive aus Sachsen und Nordböhmen lernen bei gegenseitigen Besuchen lokale Initiativen gegen Fremdenhass kennen und überlegen gemeinsam, wie sie sich besser vernetzen können. 
Inhaltlich spannt der Workshop den thematischen Bogen von Antimuslimismus zu verwandten antisemitischen Verhaltensmustern und wirft den Blick dabei auch auf die gesellschaftliche Ablehnung von Sinti und Roma.
 
Der Zukunftsfonds bezuschusst das Projekt mit einer Fördersumme von 4350 Euro.
 
 
 
„Spuren des Prager Frühlings 1968 in der tschechisch-oberlausitzer Grenzregion – Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Widersprüche“ 
 
Tschechische und deutsche Schüler aus dem Zittauer Grenzland begeben sich im Rahmen des von der Netzwerkstatt der Hillerschen Villa koordinierten Projektes gemeinsam auf historische Spurensuche nach der Rolle der DDR bei der Niederschlagung des Prager Frühlings. Sie erfahren dabei, dass die Auseinandersetzung mit diesem vernachlässigten Thema der deutsch-tschechischen Geschichte vor der eigenen Haustür beginnt: Die Gegend um Zittau galt beim Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei als militärisches Sperrgebiet, hier wurde die Niederschlagung des Prager Frühlings vorbereitet. Die Schüler der Schulen Cvikov und Schkola Oberland besuchen authentischen Orte, sprechen mit Zeitzeugen und beschäftigen sich mit der Frage nach individueller und gesellschaftlicher Verantwortung, nach Zivilcourage und Widerstand in einer Diktatur. 
 
Die Unterstützung des Zukunftsfonds für dieses Projekt beträgt 2.875 Euro. 
 
 
 
Neptun 
 
In ihrem Filmprojekt „Neptun“ greift die Regisseurin und Künstlerin Adéla Babanová, inspiriert von einer gegen die BRD gerichteten Desinformationskampagne des tschechoslowakischen Geheimdienstes aus dem Jahr 1964, das (auch heute) brisante Thema Propaganda und Manipulation mit Medien auf.  
Im Zuge der sogenannten „Operation Neptun“ ließ der kommunistische Geheimdienst damals angebliche Nazidokumente im Schwarzen See im Böhmerwald versenken und später für Zufallsfunde aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges erklären. In Wirklichkeit handelte es sich dabei um eine Betrugskampagne, die jedoch seinerzeit auch außerhalb der Grenzen der ČSSR nicht aufgedeckt wurde.
Adéla Babanová beleuchtet in Zusammenarbeit mit dem Berliner Film- und Animationsstudio Projector 23 sowie mit jungen Historikern und Filmemachern aus beiden Ländern mittels Archivfilmaufnahmen, Fotos und inszenierten Filmaufnahmen den Mechanismus einer propagandistischen Lüge und eines Informationskriegs und leistet damit zugleich einen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Rolle von Medien.
 
Der Zukunftsfonds bezuschusst das Projekt mit 300.000 CZK.
 
 
"Unter dem Rad der Geschichte". Neuauflage der Autobiographie von Přemysl Pitter 
 
Ziel dieses Projektes ist eine Neuauflage der deutschsprachigen Autobiographie von Přemysl Pitter „Unter dem Rad der Geschichte“, die 1970 erschienen und seit langem vergriffen ist.. Der tschechische Pädagoge und Schriftsteller Přemysl Pitter (1895-1976) verkörpert durch sein Leben und Werk wie kaum ein Anderer die deutsch-tschechische Aussöhnung nach NS-Terror, Krieg und Vertreibung. In dem von ihm gegründeten Militsch-Haus in Prag rettete und betreute Pitter vor dem Zweiten Weltkrieg vor allem jüdische Kinder; nach dem Krieg erzog er hier jüdische Kinder aus dem KZ Theresienstadt gemeinsam mit verwaisten deutschen Kinder zur gegenseitigen Versöhnung und Achtung.
Aufgrund seiner gelebten Menschlichkeit, seines Verantwortungsbewusstseins und der Fähigkeit zur Vergebung bleibt Přemysl Pitter eine beispielhafte Persönlichkeit der deutsch-tschechischen Geschichte und seine Memoiren zeitlos aktuell. Die Neuauflage enthält Ergänzungen zu Pitters letzten Lebensjahren.
 
Der Zukunftsfonds gewährt dem Buchprojekt einen Zuschuss in Höhe von 3.500 Euro.
 
 
 
Briefe aus Prag 1939-1941 
 
Die Korrespondenz der jüdischen Familie Czerner aus den Jahren 1939 bis 1941, die im Rahmen dieses Publikationsprojekts erstmals auf Tschechisch veröffentlicht wird, legt auf selten authentische Weise Zeugnis ab über das Alltagsleben einer jüdischen Familie im Protektorat Böhmen und Mähren zu Beginn des Holocausts. Die Briefe der Oma Czerner an ihre in die USA ausgereiste Tochter spiegeln die Reflexionen, Wahrnehmungen und Handlungsoptionen von Juden im Protektorat wider und zeigen, wie die politischen Veränderungen und der Kriegsverlauf sich im Alltag einer jüdischen Familie niederschlugen. Dieser Alltagsbezug sowie die authentische, lebendige Darstellung in Briefform machen die Publikation nicht zuletzt auch zu einer wertvollen Ergänzung im Geschichtsunterricht. 
 
Der Zukunftsfonds unterstützt das Publikationsprojekt mit 70.000 Kronen.
 
 
 
 
Zwei Länder - ein Klang. Zwei Länder im Einklang. Begegnungsprojekt anlässlich des Tages der Deutschen Einheit in Prag
 
Die Begegnung zwischen dem MDR Kinderchor aus Leipzig und dem Boni Pueri Knabenchor aus Hrádec Králove bietet den Jugendlichen nicht nur die Gelegenheit, zusammen zu musizieren und auf einem gemeinsamen Konzert am Tag der Deutschen Einheit in Prag Stücke zeitgenössischer Komponisten beider Länder sowie Werke aus der Wendezeit darzubieten. Darüber hinaus möchten die Projektkoordinatoren - der Arbeitskreis Musik in der Jugend e.V. und die Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik e.V. - bei den Jugendlichen das Bewusstsein dafür schärfen, wie sich Musiker zivilgesellschaftlich engagieren können. Sowohl in der Tschechoslowakei als auch in der DDR waren Künstler, insbesondere Musiker, und Intellektuelle wichtige Motoren für die Revolutionsbewegung im Herbst 1989. Die beiden Chöre haben im Rahmen eines Workshops die Gelegenheit, mit Zeitzeugen der Revolution von 1989 zu sprechen. 
 
Der Zukunftsfonds unterstützt das Projekt mit einem Zuschuss in Höhe von 4500 Euro. 
 
 
 
Kultur ohne Grenzen | Kultura bez hranic – Begegnung Bayern Böhmen 2017 
 
Die bisherige grenzübergreifende Arbeit des Centrums Bavaria Bohemia (CeBB) als Kulturdrehscheibe, Vernetzungsstelle und Begegnungsort zwischen den bayerischen und tschechischen Nachbarregionen wird durch dieses Projekt fortgesetzt. Das vorrangige Ziel des CeBB besteht darin, möglichst viele Menschen unterschiedlichster Zielgruppen in die grenzüberschreitenden Aktivitäten einzubeziehen – Schüler, Studierende und Lehrkräfte, Kulturinteressierte, Kunst- und Kulturschaffende, die breite Öffentlichkeit. Dank des neuen tschechischen Projektpartners Tandem Pilsen wird es im Rahmen der Kultur ohne Grenzen künftig verstärkt Impulse für grenzüberschreitende Begegnungen zwischen Schulen und Schülern ausgehen, die ein wichtiger Pfeiler für die grenzüberschreitenden Beziehungen sind. 
 
Der Zukunftsfonds unterstützt das Vorhaben mit einem Zuschuss in Höhe von 35.000 Euro.
 
 
 
Weitere Informationen und Kontakt:
Silja Schultheis
Mail: silja.schultheis@fb.cz
Tel: +420 283 850 512
GSM: +420 737 505 790
 
Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds