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Geschichte

Geschichte

Die Geschichte der Böhmischen Länder und Mährens lässt sich in folgende Perioden unterteilen, eine genauere Beschreibung folgt im Text:

Das Grossmährische Reich (9.Jh), die Herrschaft der Premysliden ( 9. Jahrhundert- 1306), die Herrschaft der Luxemburger (1310-1437), die Hussitische Revolution (1419-1436), die Herrschaft der Jagiellonen (1471-1526), die Herrschaft der Habsburger (1526-1918), die Gründung der Tschechischen Nation mit einem selbständigen Staat (ab 1918).

Kurzer historischer Überblick

* Ende des 5. Jahrhunderts und Anfang des 6. Jahrhunderts - Ankunft der Slawen auf dem Gebiet des heutigen Mährens und der Slowakei* 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts Ankunft christlicher Missionare

* 9. Jahrhundert bis 1306 eine allmähliche Stärkung des Staatswesens während der Herrschaft der Premysliden

* 1346-1378 Höhepunkt der Macht und Prestigegewinn des Königreiches Böhmen unter der Herrschaft von Karl IV.

* Beginn des 15. Jahrhunderts - eine Herrschaftskrise führte zur Hussitischen Bewegung

* 1526 das Haus Habsburg kommt auf den Böhmischen Thron, Bildung eines multinationalen Reiches

* 1620 Niederlage des Böhmischen Adels in der Schlacht am Weißen Berg, nachfolgend weitere Zentralisierung der Habsburger Herrschaft

* 28.10.1918 Gründung eines souveränen Staates der Tschechen und Slowaken, der Tschechoslowakischen Republik

* 15.3.1939 - 9.5.1945 Besetzung durch Hitlerdeutschland

* Februar 1948 Kommunistische Machtübernahme

* August 1968 - Invasion der Warschauer Pakt Staaten unter sowjetischer Führung bringt das Ende des "Prager Frühlings" und des Versuches der Kommunistischen Partei einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" zu schaffen

* November 1989 Sturz des kommunistischen Regimes

* 1.1.1993 Gründung der Tschechischen Republik nach der Teilung der Tschechoslowakei in zwei souveräne Staaten

Ungefähr im 4. Jahrhundert v.Ch. war das Gebiet der heutigen Tschechischen Republik von Kelten besiedelt. Sie waren nach wissenschaftlichen Erkenntnissen der erste Volksstamm, der in dieses Gebiet vordrang. Der keltische Stamm der Boier gab dem Land seine lateinische Benennung Boiohaemum (daher auch die deutsche Bezeichnung Böhmen). Er wurde vor unserer Zeit von germanischen Stämmen (Makromannen, Quaden) verdrängt.

Ende des 5. und zu Beginn des 6. Jahrhunderts, während der Völkerwanderung, ließen sich Slawen auf dem heutigen Gebiet Böhmens und Mährens nieder. In der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts wurden zum ersten Mal slawische Stämme unter dem Herrscher Samo erfolgreich vereint. Das sogenannte "Samo-Reich", mehr ein Stämmebund, widerstand den mächtigen Avaren, deren Zentrum in Ungarn lag und verteidigte sich teilweise erfolgreich gegen Angriffe der Franken aus dem Westen.

Das Grossmährische Reich (die letzten zwei Drittel des 9. Jahrhunderts - bis zur Zerstörung durch magyarische Stämme in den Jahren 903-907)

Die Kultur des Grossmährischen Reiches hat die kulturelle und religiöse Entwicklung der Ost - und Südslawen im Mittelalter stark beeinflusst. Im Jahre 863 kamen die christlichen byzantinischen Missionare Konstantin (später Cyrill) und Methodius (Metodej) nach Mähren, um die slawische Liturgie einzuführen. Sehr bald allerdings weitete sich der Einfluss der römisch-katholischen Kirche aus, welche sich als entscheidend für die Entwicklung der Geschichte Böhmens und Mährens erwies.

Die Herrschaft der Premysliden (9. Jahrhundert - 1306)

Böhmen wurde zum Zentrum des Entstehungsprozesses eines unabhängigen Staatswesens. Während der Herrschaft der einheimischen Dynastie der Premysliden wurde Böhmen allmählich immer stärker und konnte seine Unabhängigkeit trotz Lehnsabhängigkeit vom Heilligen Römischen Reich bewahren.

935 Ermordung des Fürsten Vaclav (Wenzel), des Nationalpatrons Böhmens

973-76 Errichtung des Prager Bistums

1085 Fürst Vratislav II. erhält für die Unterstützung, die er Kaiser Heinrich IV. bei dessen Auseinandersetzung mit Papst Gregor VII. gegeben hatte, einen nicht erblichen Königstitel.

1212 Premysl Otakar I. erhielt die Goldene Sizilianische Bulle, die das Fürstentum Böhmen zum Königreich und die böhmischen Fürsten zu Königen erklärte. Böhmen wurde für unteilbar erklärt und das Verhältnis des Königreichs zum Heiligen Römischen Reich festgelegt. Böhmen wurde zu einem der wichtigsten Länder im Reich.

1253-1278 die Regentschaft des mächtigen Königs Otakar II. zeichnete sich durch eine Politik der Herrschaftsausweitung aus. Die Expansionstendenzen führten die letzten Premysliden-Herrscher während ihrer Regentschaft fort.

1306 Ermordung von Vaclav III. (Wenzel III.). Mit ihm erlosch die männliche Linie der Premysliden Dynastie.

Die Herrschaft der Luxemburger (1310-1437)

Die Herrschaft der Luxemburger begann 1310 mit der Wahl von Johann von Luxemburg (1310-1346) zum König von Böhmen. Die Luxemburger gliederten dem Königreich neue Länder an, die "Länder der Böhmischen Krone" genannt wurden. Karl IV. verbriefte dies 1348 durch Verfassungsurkunden. Zu den Böhmischen Kronländern zählten neben dem Königreich Böhmen die sog. Nebenländer, d.h. die Markgrafschaft Mähren, die schlesischen Fürstentümer, die Ober - und seit dem Jahre 1365 auch die Unterlausitz.

Das Königreich Böhmen erreichte seine größte Macht und Blüte während der Regentschaft von Karl IV. (1346-1378), dem zweiten Luxemburger auf dem böhmischen Thron: Im Jahre 1344 wurde das Prager Erzbistum errichtet. Karl IV. gründete 1348 die Prager Universität - die erste nördlich der Alpen und östlich des Rheins. Karl IV. wurde in Rom 1355 zum Kaiser gekrönt.

Die Hussitische Revolution (1419-1436)

Die hussitische Reformbewegung ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Zunächst einmal gab es eine wirtschaftliche und politische Krise während der Regentschaft von Wenzel IV. (1378-1419), dem Nachfolger von Karl IV. Sie wurde durch die gesamteuropäischen Probleme (großes Schisma, Kritik an der Kirche) verschärft. Die Hussitische Bewegung wurde von Magister Jan Hus inspiriert, einem Prediger der 1415 auf dem Konzil zu Konstanz verbrannt worden war. Trotz seines Todes führten seine Anhänger erfolgreich ihre Bemühungen fort, die Kirche zu reformieren.

Der Erbe der böhmischen Krone, Kaiser Sigismund, versuchte, die Ausbreitung der hussitischen Bewegung gewaltsam zu unterdrücken, doch die Hussiten setzten sich erfolgreich gegen die von ihm in den Jahren 1420-1431 gegen sie geführten fünf Kreuzzüge zur Wehr. Erst im Jahre 1434 setzte sich innerhalb der hussitischen Bewegung der moderate Flügel gegen die radikalen Hussiten durch und ebnete so den Weg für eine zeitweise Einigung zwischen dem hussitischen Böhmen und dem katholischen Europa. Die Baseler Kompaktaten wurden im Jahre 1436 proklamiert und bestätigten die Hussiten. Später sollten sie im 16. Jahrhundert bei der Reformation nachgeahmt werden. Die hussitische Bewegung hatte die Struktur der Gesellschaft in vielerlei Hinsicht verändert. Das erste Mal entstand ein religiöser Dualismus innerhalb des christlichen Europas. Die Kirche verlor an Macht und Prosperität, wovon der Adel und die Städte profitierten. Jetzt standen die tschechische Nation und Kultur im Vordergrund des sozialen Lebens. In den Jahren der Unruhen wurde der böhmische Adelige Georg von Podiebrad (Jiri z Podebrad), ein geschickter Diplomat und eine außergewöhnliche Persönlichkeit, zum Führer im politischen Leben Böhmens. Er wurde im Jahre 1458 zum König gewählt. Seine diplomatischen Aktivitäten, insbesondere sein Entwurf einer Friedensunion der europäischen Herrscher, reichten sogar bis über die Grenzen Europas hinaus.

Die Herrschaft der Jagiellonen (1471-1526)

Der polnische Prinz Wladislaw Jagiello (1471-1516), ein Sohn von König Kazimierz von Polen, wurde zum König der Böhmischen Länder gewählt.

Während der Regentschaft von Wladislaw und seines Sohnes Ludwig wuchs die Macht der Stände, während die königliche Macht abnahm. Es gab zahlreiche Konflikte: zwischen königlichen Städten und dem Adel, die religiösen Kämpfe zwischen der hussitischen Kirche und der katholischen Minderheitskirche, die ihre vorherige Macht wiedererlangen wollte.

Die Herrschaft der Habsburger (1526-1918)

Die österreichischen Habsburger folgten auf den Böhmischen Thron, nachdem die jagiellonische Linie ausgestorben war. Die Habsburger Herrschaft brachte die Rekatholisierung, die Zentralisierung der Herrschaft und den Aufbau eines multinationalen Reichs mit sich. Das Haus Habsburg gliederte die Böhmischen Länder in ihre Herrschaft ein und sie blieben bis zum Jahre 1918 Teil des Habsburger Imperiums.

Als Rudolf II. (1576-1611) während seiner Herrschaft seinen Sitz von Wien nach Prag verlegte, wurde Böhmens Hauptstadt zu einem wichtigen Zentrum europäischer Kultur. Die Böhmischen Stände zwangen Rudolf II. einen Majestätsbrief herauszugeben, in dem Religionsfreiheit verkündet wurde. Die Kaiser Matthias und Ferdinand versuchten, diese Freiheit einzuschränken. Ihre Anstrengungen lösten einen Bürgerkrieg zwischen den Ständen und dem katholischen Herrscher aus, der später in den Dreißigjährigen Krieg mündete. Die Böhmen wählten einen unabhängigen König, die Stände wurden 1620 in der Schlacht am Weißen Berg besiegt und das böhmische Königreich verlor seine Unabhängigkeit für nahezu 300 Jahre. Der Dreißigjährige Krieg brachte politische Unordnung und eine wirtschaftliche Zerstörung Böhmens, was weitreichenden Konsequenzen für die spätere Entwicklung des Landes bedeutete. Die Bewohner Böhmens mussten den katholischen Glauben annehmen oder emigrieren. Die Böhmische Krone war unter den Habsburgern erblich und die wichtigsten Verwaltungsstrukturen wurden ständig in Wien angesiedelt. In der Periode nach dem Dreißigjährigen Krieg war die barocke Kunst tief verwurzelt in Böhmen. Der Böhmische Barock beeinflusste das Erscheinungsbild tschechischer Städte und Dörfer für die nächsten Jahrhunderte.

Eine Krise des Feudalismus und fiskalische Interessen des Staates führten im Rahmen der Aufklärung zu den Reformen von Maria Theresia und Josef II. in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Reformen brachten einige positive Ergebnisse, Böhmen und die Markgrafschaft Mähren wurden zu relativ unabhängigen Teilen der Habsburger Monarchie. Aber es gab auch negative Ergebnisse. Die Reformen trugen zur Machtzentralisierung bei sowie zur Germanisierung, was sich als eine ernste Bedrohung für die slawische Identität innerhalb des Habsburger Reiches erwies.

Die Bewegung der sog. nationalen Wiedergeburt der Tschechen strebte anfänglich zwar nur nach einer Wiederbelebung der tschechischen Sprache und Kultur, doch bald zielte sie auch auf eine politische Emanzipation. Im Revolutionsjahr 1848 unterbreiteten tschechische Politiker erste klare politische Vorschläge, die auf die föderalistische Umstrukturierung des Habsburger Reiches ausgerichtet waren. Der Wunsch nach nationaler Emanzipation wurde durch die schnelle Industrialisierung Böhmens verstärkt, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum industrialisiertesten Teil des Habsburger Reichs geworden war.

Aufbau eines unabhängigen Staates (ab 1918)

Während des Ersten Weltkrieges wurden aufgrund der Aktivitäten der späteren Präsidenten T.G.Masaryk und E.Benes die Forderungen tschechischer Politiker radikaler. Die Niederlage Österreich-Ungarns ebnete den Weg für die Gründung eines unabhängigen tschechischen und slowakischen Staates (28.10.1918). Die Tschechoslowakei gehörte zu den zehn entwickeltesten Ländern der Welt. Eine zwanzigjährige Epoche der Demokratie und Prosperität wurde durch die Aggression von Hitlerdeutschland beendet. Das Münchner Abkommen und die folgende Okkupation im März 1939 brachten das Ende des souveränen tschechoslowakischen Staates.

Nach dem 2. Weltkrieg gehörte die wiederhergestellte Tschechoslowakei zur sowjetischen Einflusszone. Eine kurze Zeit der "begrenzten" Demokratie endete in der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948. Aller Privatbesitz wurde enteignet und politische Rechte sowie Menschenrechte wurden unterdrückt. Der Versuch, den kommunistischen Totalitarismus zu ändern und zu vermenschlichen sowie die Bande zur Sowjetunion zu lockern wurde mit dem Einmarsch der sowjetischen Armee und ihrer Verbündeten im August 1968 zunichte gemacht.

Ein gradueller Verfall des kommunistischen Regimes in der Sowjetunion und Massenproteste und Demonstrationen von Tschechoslowaken führten zum Fall des Kommunismus im November 1989. Diese Veränderungen wurden durch die Wahl des Dissidenten und Schriftstellers Vaclav Havel zum Staatspräsidenten bestätigt.

Am 1. Januar 1993 teilte sich die Tschechoslowakei friedlich und die Tschechische und die Slowakische Republik wurden gegründet. Vaclav Havel wurde zum ersten Präsidenten der Tschechischen Republik gewählt. In den folgenden Jahren trat die Tschechische Republik der OECD (1994) bei, unterzeichnete ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union (1995) und wurde in die NATO aufgenommen (1999). Am 1. Mai 2004 wurde die Tschechische Republik zum Vollmitglied der EU.

Die Tschechische Republik hat nun die Transformation von einem ehemals planwirtschaftlich gesteuerten Staat in eine parlamentarische Demokratie und in die Marktwirtschaft abgeschlossen.