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Photo: © Tschechisches Zentrum Wien
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HEIHO | Kunstausstellung im Tschechischen Zentrum Wien zum Thema Arbeit

Wann: 18.11.2021 17:00 - 25.02.2022 16:00, Wo: Tschechisches Zentrum Wien, Herrengasse 17, 1010 Wien

"Heiho, heiho, wir sind vergnügt und froh
Heiho, heiho, heiho, heiho"
Die aktuelle Ausstellung im Tschechischen Zentrum Wien - benannt nach dem Titellied der Schneewittchen-Verfilmung von Disney - widmet sich der kritischen Auseinandersetzung mit dem Begriff der Arbeit und thematisiert u.A. (überholte) Modelle von Arbeitsteilung, prekäre Arbeitsbedingungen, die Veränderung der Beziehung von Mensch und Arbeit, die Grenzen zur Freizeit und nicht zuletzt das weiterhin präsente und vielschichtige Thema der Entfremdung.

Der Ausruf Heiho, der sich hinter dem Namen der Ausstellung verbirgt, ist in Wirklichkeit der Titel eines Liedes aus der berühmten Disney-Verfilmung des Märchens der Gebrüder Grimm Schneewittchen und die sieben Zwerge. Obwohl der Film bereits 1937 in die Kinos kam, hat sein Einfluss bis heute überdauert und die Wahrnehmung von Arbeit unzähliger Menschen auf der ganzen Welt geprägt. Noch heute können viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf der ganzen Welt zumindest einige Zeilen aus dem Lied Heiho vorsingen. Fast jeder kennt die sieben Zwerge mit ihren kleinen Spitzhacken, die fröhlich singend auf dem Weg zur oder aus der Arbeit sind, während Schneewittchen daheim wartet und die Hütte in Ordnung hält.

Wieso aber eine Ausstellung über Arbeit nach dem Song eines Disney-Films von 1937 zu benennen? Der Titel "Heiho" spiegelt mehrere Vorhaben der Ausstellung wider - über eine vielleicht überholte Form der Arbeitsteilung und ihr Verständnis nachzudenken und über die Arbeitsbedingungen der jüngsten Vergangenheit und der unmittelbaren Gegenwart aus der heutigen Perspektive zu blicken. Dies eröffnet einen Raum zum Nachdenken über die Auswirkungen der turbulenten Ereignisse der letzten zwei Jahre auf die Wahrnehmung unserer Lebensbedingungen. Die interdisziplinäre Herangehensweise an das Thema Arbeit, die diese Ausstellung mit sich bringt, bietet eine innovative Möglichkeit, nämlich das Phänomen aus verschiedenen Sichtweisen zu betrachten.

Die Ausstellung befasst sich mit der Veränderung der Beziehung zu sich selbst, zum Körper und zur Arbeit. Darüber hinaus konzentrieren sich die präsentierten Kunstwerke auf unterschiedliche Formen von Arbeitsverhältnissen und auf die Unsichtbarkeit der Arbeit selbst. Prekäre Arbeitsverhältnisse sind auch in Österreich allgegenwärtig, wo Gewerkschaften immer noch eine bedeutende Rolle spielen. Über die Prekarität der Lohnarbeit hinaus hat das neoliberale Arbeitsmodell auch zu Veränderungen bei den Menschen selbst geführt. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Die Menschen stürzen in einen ständigen Kreislauf von Selbstverbesserung und Identifizierung mit der Arbeit, was letztlich zu einer Entfremdung von sich selbst führt. Das Thema der Ausstellung ist gerade jetzt, in Zeiten der globalen Pandemie, besonders brisant.

Für die Ausstellung Heiho haben die Kuratorinnen Anežka Jabůrková und Miljana Mirović zwölf Kunstwerke von zehn Künstler*innen aus sechs verschiedenen Ländern ausgewählt. Das älteste Werk stammt aus dem Jahr 2007, das jüngste aus der Zeit kurz vor dem Ausbruch der Corona Pandemie. Es gibt eine vielfältige Bandbreite an Medien, die die jeweiligen Künstler*innen nutzen, um ihre Anliegen zu vermitteln. Die einzelnen Werke widmen sich jeweils einem anderen Aspekt der mit dem Thema der Arbeit verbunden ist.

Untersucht werden sowohl die Gegebenheiten von Lohnarbeit in der Fabrik, zu Hause und im Büro, als auch verschiedene Rahmenbedingungen, die unsere Arbeitserfahrung prägen. In ihren zwei Beiträgen beschäftigt sich Barbora Kleinhamplová mit den Fragen, wie die Identifikation mit der eigenen Beruf die Identität beeinflusst und wo wir diesbezüglich der eigenen Flexibilität Grenzen setzen. Eine Antwort auf diese Frage können wir in der Arbeit von Jana Kapelová finden. Sie untersucht, wo die Freizeit endet und die Arbeit beginnt und wie man diese beiden Lebenssphären voneinander trennen kann. Jiří Skála und Jakub Valenta entwickeln dieses Thema weiter, indem sie die Möglichkeiten der Überwachung und Kontrolle im digitalen Raum untersuchen. Gleichzeitig betont Zbyněk Baladrán, dass nicht nur die Arbeitnehmer selbst für die Unterscheidung zwischen Arbeit und Freizeit verantwortlich sind. Er erkundet die Mechanismen der Leistungsoptimierung im Unternehmensbereich. Das Umfeld von Großunternehmen interessiert auch die Künstlerinnen Anna Witt und Burak Delier. Witt befasst sich mit den Erfahrungen und der Wahrnehmung von Machtverteilung am Arbeitsplatz, während Delier Anpassungsmechanismen an die Anforderungen unseres Arbeitsumfelds untersucht.

Als Brücke zum Thema "Care-Arbeit" können wir die Arbeit von Jiří Skála verstehen, die sich mit der Anerkennung und Wertschätzung von Arbeitskräften beschäftigt. Die Problematik verbunden mit "Care-Work" wird in den Werken der Künstlerinnen Katarína CsányiováJelena Micić und Karin Maria Pfeifer aufgegriffen. Csányiová untersucht, wie sich die prekären Arbeitsbedingungen auf das Leben von Menschen auswirken, die ihren Beruf außerhalb der Rechtssysteme ihrer jeweiligen Länder ausüben. Micić befasst sich sowohl mit der Problematik der undokumentierten Arbeiter*innen als auch mit der Missachtung von Gesundheitsmaßnahmen in prekären Arbeitsverhältnissen. Pfeifer lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums auf alltägliche Gegenstände und kommentiert so die Beziehung zwischen dem intimen Rahmen der Hausarbeit und den Bedingungen, unter denen ArbeitnehmerInnen dieselben Tätigkeiten ausführen, allerdings um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Intervention von Silvio Lorusso ruft eine Reflexion über das eigene Verhalten und die Zwänge der neoliberalen Gesellschaft hervor, indem den Raum verlassen wird.

Künstler: Zbyněk BaladránKatarína CsányiováBurak DelierJana KapelováBarbora KleinhamplováJelena MicićKarin Maria PfeiferJiří SkálaJakub ValentaAnna Witt

Kuratorinnen: Anežka Jabůrková, Miljana Mirović

Grafikdesignerin: Kristyná Jordánová

Technische Produktion: Pavel Matěj


Begleitprogramm:

  • 26.11.2021 17:00 Kuratorinnenführung (DE)
  • 2.12. 2021 18:30 Filmvorführung und Q&A: Hranice Práce (The Limits of Work) (2017) mit der Regisseurin Apolena Rychlíková (EN)
  • 10.12.2021 17:30 Artist Talk: Jelena Micić (EN)
  • 17.12.2021 17:30 Kuratorinnenführung (EN)
  • 13.1.2022 18:30 Artist Talk: Karin Maria Pfeifer (DE)
  • 18.1.2022 18:30 Artist Talk: Barbora Kleinhamplová (EN)
  • 20.1.2022 18:30 Kuratorinnenführung (CZ)
  • 28.1.2022 17:00 Vortrag: Albena Azmanova Prekarität und die Abdankung der Freiheit (EN)
  • 18.2.2022 18:30 Kuratorinnenführung (BKS)
  • 24.2.2022 18:30 Kuratorinnenführung (EN)